Astronaut

Palzki und der Astronaut

Autor: Harald Schneider

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Es hätte so ein schöner Tag werden können.

Das Weltall hatte schon immer eine mystische Faszination auf mich ausgeübt. Sei es als kleines Kind beim Betrachten des nächtlichen Firmaments oder als Jugendlicher bei den vielen Besuchen im Planetarium. Meine Eltern behaupteten, meine Neigung zu astronomischen Themen wäre seit dem Tag meiner Geburt vorhanden. Zugegeben, ich kam just in der Nacht der ersten Mondlandung im Jahre 1969 auf die Welt, doch zu diesem Zeitpunkt war mir dieses Ereignis noch so ziemlich egal. Trotzdem, das Technik-Museum Speyer mit der größten Weltraumausstellung Europas besuchte ich auch als Erwachsener mindestens einmal im Jahr. Vor ein paar Jahren hatte ich den Fehler gemacht, die Ausstellung zusammen mit meinen Kindern zu besuchen, doch so einen Fehler macht man kein zweites Mal. Die Kinder, ständig von einer innerlichen Unruhe getrieben, rasten durch das Museum, um ja nichts zu verpassen und überall gewesen zu sein. Als Erwachsener ließ man den Besuch eher geruhsamer angehen und neigte zudem dazu, die vielen Erklärungen und Informationstafeln zu den Ausstellungsstücken zu lesen. Dies stand absolut im Widerspruch zu den Wünschen unserer Kinder, denen die Erklärungen fast immer egal waren.

Erfreut hatte ich in der letzten Woche in der Zeitung gelesen, dass ein Astronaut und Physiker nach Ludwigshafen in den Pfalzbau kam, um einen seiner Vorträge zu halten. Der Name des Vortragenden sagte mir zwar nichts, doch auch ich kannte natürlich nicht alle Experten aus diesem Fach.

Voller Vorfreude fuhr ich an diesem betreffenden Tag nach Ludwigshafen. Die Zahl der interessierten Zuhörer hielt sich leider stark in Grenzen, was meine Erwartungshaltung aber nicht trübte.

John Walkings kam auf die Bühne und stellte sich vor. Er war etwa 60 Jahre alt und wirkte sehr fit. Zu Beginn zeigte er ein Stück eines originalen Mondsteins. »Den habe ich von meinem Vater Elroy«, erklärte er. »Elroy war ein Kamerad von Buzz Aldrin. Kennengelernt haben sie sich 1951 im Koreakrieg, als beide Kampfflieger waren.«

Natürlich wusste ich mit dem Namen Buzz Aldrin etwas anzufangen, doch Walkings erklärte es für alle. »Buzz Aldrin war mit Apollo 11 der zweite Mann auf dem Mond, gleich nach Louis Armstrong. Als zweiter Mensch auf dem Mond ist er leider nicht so bekannt wie Armstrong.« Er schaute sich um. »Weiß von Ihnen jemand, wie der dritte Mann hieß, der bei der Apollo 11 Mission dabei war?«

Sofort streckte ich meine Hand und rief: »Michael Collins! «

Dass mich die anderen Zuhörer anstarrten, machte mir nichts aus. »Hervorragend«, antwortete Walkings, kam zu mir und schüttelte mir die Hand. »Collins hat den Mond aber nie selbst betreten. Er blieb in der Kommandokapsel und umrundete mit ihr den Mond, während Louis Armstrong und Buzz Aldrin den Mond betraten.«

Im Hintergrund liefen nun auf einer Leinwand alte Schwarz-Weiß-Aufnahmen von der Mondlandung. Dann sah man einen Astronauten. Dieses Bild war sehr bekannt. Walkings trat erneut vor und erklärte: »Fast jeder meint, die berühmte Aufnahme zeigt Armstrong. Doch dies ist leider falsch. Die erste Aufnahme auf dem Mond, auf der ein Astronaut abgebildet ist, zeigt Buzz Aldrin. Es gibt fast keine Aufnahme von Louis Armstrong auf dem Mond.«

Nun schlug Walkings einen Bogen zu seiner eigenen Tätigkeit als Astronaut. Sie hatte aber nichts mit den spannenden Apollo-Missionen zu tun, und auf dem Mond war er auch nicht. Dennoch war es interessant, aus dem Leben eines Astronauten berichtet zu bekommen. Blöderweise hatte ich ein seltsames Gefühl in der Bauchgegend. Es lag nicht am Hunger, sondern an einem Fehler in der Berichterstattung Walkings, der mich stutzig gemacht hatte. So etwas dürfte eigentlich nicht passieren. Ob er wirklich der Experte war, für den er sich ausgab?