Museum

Palzki und der Goldene Hut

Autor: Harald Schneider

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Es hätte so ein schöner Tag werden können.

Schifferstadt hatte seine Einmaligkeit im Rhein-Pfalz-Kreis verloren. Denn vor vier Tagen wurde auf der Gemarkung Fußgönheim ein weiterer Goldener Hut gefunden, der in Größe und Vollkommenheit dem Schifferstadter weit überlegen war. Bevor dieses Prachtstück zu einer Untersuchung an eine renommierte Universität geschickt werden sollte, bekam die Bevölkerung heute die Gelegenheit, ihn im Heimatmuseum Fußgönheim im Hallberg Schloss besichtigen zu können. Hätte sie zumindest, wäre nicht der Leiter des Heimatmuseums kaltblütig ermordet worden. Dem nicht genug, waren auch der wertvolle Hut und weitere Ausstellungsstücke verschwunden. Eine halbe Stunde, nachdem der tote Eberhard Deumann gefunden wurde, war ich als ermittelnder Kommissar vor Ort und konnte mir ein erstes Bild von diesem grausamen Geschehen machen. Das halbe Museum war verwüstet, es sah nach einem größeren Kampf aus.

»Deumann wurde mit einem Hammer oder einem ähnlichen Gegenstand erschlagen«, berichtete mir einer der Spurensicherer. Daraufhin verzichtete ich, die Leiche anzuschauen. »Wurde nur dieser Goldene Hut gestohlen? «, fragte ich eine in Tränen aufgelöste Museumsmitarbeiterin.

»Nein, es fehlen weitere kostbare landwirtschaftliche Exponate, um die uns die Kollegen der benachbarten Museen schon lange beneiden.«

Diesen Hinweis konnte man nicht unbedingt als eine heiße Spur bezeichnen, doch zumindest als Ermittlungsansatz war er zu gebrauchen. Deshalb traf ich mich eine Stunde später mit Herrn Roy Illert, dem Chef des Mutterstadter Museums für Ortsgeschichte im alten Rathaus. »Wie Sie noch nicht wissen können, wurde heute Morgen Ihr Kollege Deumann ermordet und von dem neu gefundenen Goldenen Hut fehlt jede Spur.«

Illert rang um Fassung. »Das darf doch nicht wahr sein! Eberhard war mein Freund und ein herzensguter Mensch. Und nur wegen dem blöden Ding wurde er jetzt erschlagen. Das gibt es doch nicht. Hoffentlich finden Sie bald den Mörder, und er bekommt seine gerechte Strafe.«

Er schüttelte den Kopf und fing an zu weinen. Ich stellte ihm noch ein paar Fragen, er konnte mir aber in der Ermittlungssache nicht weiterhelfen. So fuhr ich etwas ratlos ins Schifferstadter Heimatmuseum. Stolz zeigte mir der Leiter Fritz Benn die Kopie des Schifferstadter Goldenen Hutes.

»Ich kannte Herrn Deumann kaum«, antwortete er betroffen auf die Todesnachricht seines Kollegen. »Damit so etwas Schreckliches bei uns nicht passieren kann, werden wir in unserem Museum gleich nächste Woche eine Sicherheitsprüfung veranlassen.«

»Man sagt, dass es in Fußgönheim ein paar Ausstellungsstücke gibt, um die das Museum beneidet wurde.«

»Das stimmt, Herr Palzki. Das trifft aber auf jedes Museum im Landkreis zu. Wir haben auch seltene regionale Exponate, die andere Museen liebend gern haben würden.«

»Wann waren Sie das letzte Mal in Fußgönheim?«

Benn überlegte. »Das muss bestimmt ein Jahr her sein. Wir Museumsleiter tauschen uns zwar in unserem Netzwerk regelmäßig aus, aber meistens treffen wir uns in einem Restaurant in Maxdorf. Die letzte Zusammenkunft fand vor zwei Monaten statt.« Ich bedankte mich für die Auskünfte, jedoch kam ich auch in Schifferstadt nicht weiter.

Meine nächste Etappe war die historische Schuhmacherwerkstatt in Dannstadt, auch wenn ich mir nicht richtig vorstellen konnte, wozu man dort einen Goldenen Hut brauchte. Ich kam eine Winzigkeit zu spät. Der ehrenamtliche Museumsvorsitzende Ricco Kassandro, den ich von unterwegs telefonisch in die Werkstatt beordert hatte, verstarb in meinen Armen. Ich konnte nichts mehr für ihn tun, sein Blutverlust war bereits zu groß gewesen. Mit letzter Kraft hauchte er mir ein paar Worte entgegen: »Ich wollte nicht, dass Deumann stirbt. Das war nicht meine Schuld. Es war –«

Kassandro schluckte Blut. »Ihn hat die Gier zerfressen. Der Hut steht in –« Das waren seine letzten Worte. Vor mir lag also der tote Mittäter. Inzwischen wusste ich aber, wer als Haupttäter infrage kam.

Frage: Wer war der Mörder von Eberhard Deumann?